Adventskalender 2018

24 (nicht ganz ernst gemeinte) Grundregeln historischer Romane

Es weihnachtet! Wer mir auf Instagram oder Facebook folgt, ist meinem Adventskalender vielleicht schon begegnet. Aber natürlich möchte ich die Beiträge auch denjenigen Lesern, die auf diesen Plattformen nicht aktiv sind, nicht vorenthalten. Deshalb gibt es heute alle Beiträge als Rückschau hier auf dem Blog. Was ich mir dabei gedacht habe? Nun, in nahezu jedem Genre gibt es typische Figuren, Motive, Handlungsmuster, die immer wieder auftauchen. Auch in historischen Romanen, und genau damit habe ich mich beschäftigt. Der Adventskalender ist sozusagen eine humorvoll gemeinte Zusammenstellung meiner liebsten Klischees. Viel Spaß und natürlich ein frohes Fest!

Ich habe mir natürlich auch eine Kleinigkeit für den Dezember ausgedacht. In wahrscheinlich jedem Genre kennt man, wenn man viel darin liest, irgendwann die gängigen Motive und Klischees, die einfach immer wieder verwendet werden. Ich habe 24 gesammelt, die in vielen historischen Romanen zu finden sind. Es ist mein Lieblingsgenre, ich darf das also – das Ganze ist natürlich mit einem kleinen Augenzwinkern gemeint. Vielleicht findet ihr ja euch eigenen Erfahrungen wieder! Schaut also ab morgen hier vorbei und diskutiert mit – vielleicht habt ihr ja auch Klischees, die euch immer wieder auffallen 🙂

[Bild: Deckenfresko in den Uffizien in Florenz, selbst aufgenommen]

Eine Frau kann denken? Frechheit! Ich will gar nicht diskutieren, dass das allgemeine Frauenbild in der Vergangenheit zum Fürchten war, aber trotzdem amüsiert es mich bei der Lektüre oft, dass es in den historischen Romanen kaum eine Ausnahme zu geben scheint. Dabei ist die Geschichte voller Frauen, die hoch gebildet waren und sich damit auch bei Männern Anerkennung und Respekt erworben haben. Zumindest zwischen den gesellschaftlichen Schichten muss man also ein bisschen unterscheiden. Aber nur so funktioniert natürlich das Narrativ „Mädchen kämpft sich in einer männerdominierten Welt aus dem Nichts ganz nach oben“, das natürlich auch seine Berechtigung hat.

[Bildquelle: Aert de Gelder, Esther und Mordecai, 1685, https://upload.wikimedia.org/…/…/4/44/Aert_de_Gelder_004.jpg]

Ein Paradoxon, das mir immer wieder auffällt. Es gibt natürlich den einen, aufrichtigen und modernen Kerl, der die emanzipierte und kluge Protagonistin toll findet. Aber egal, wie emanzipiert und klug sie ist, an irgendeinem Punk im Buch muss er zu ihrer Rettung eilen und sie aus irgendeinem Schlamassel befreien.

[Bildquelle: Vladimir Borovikovsky: Portrait von A. G. und A. A. Lobanov-Rostovsky, 1814, https://upload.wikimedia.org/…/Borovikovsky_lobanovy_Rostov…]

Man fragt sich manchmal, wie die Damen das machen, in den historischen Romanen. Vor allem in der Epoche des Mittelalters könnte man ja bisweilen meinen, die Leute seien damals alle im Dreck versunken (was nicht stimmt). Aber das gilt natürlich sowieso nicht für die Hauptfigur, denn die sieht immer aus, wie frisch aus dem Ei gepellt, und ist viel reinlicher als alle anderen.

[Bildquelle: Sandro Botticelli, Die Geburt der Venus, ca. 1485, https://upload.wikimedia.org/…/Sandro_Botticelli_-_La_nasci…]

Das finde ich wirklich immer wieder erstaunlich. Die Figuren laufen einander zwei Mal über den Weg, können wegen der gesellschaftlichen Schranken kaum miteinander sprechen, aber nach spätestens drei Begegnungen sind sie unsterblich ineinander verliebt und bereit, ihr Leben dafür über den Haufen zu werfen. Dabei mag ich Geschichten mit ungewöhnlichen Paaren – aber ein bisschen mehr Zeit zum Kennenlernen könnten sie sich ja nehmen? Die Leute definierten sich früher noch viel stärker als heute durch ihre soziale Zugehörigkeit und den Platz, den Gott ihnen nun einmal in der Welt gegeben hat. Es wäre meiner Ansicht nach realistischer, würden sie ein bisschen mehr damit hadern, daraus ausbrechen zu wollen.

[Bildquelle: Joseph Noel Paton: Hesperus, der Abendstern, 1857, https://upload.wikimedia.org/…/Joseph_Noel_Paton_Hesperus_d…]

Keine Frage, das Reisen war in der Vergangenheit gefährlich, vor allem per Schiff. Die Naturgewalten, feindliche Flotten oder Piraten konnten Reisenden natürlich den Garaus machen. Aber wenn in einem historischen Roman jemand ein Schiff betritt, kann man sich beinahe sicher sein, dass der Kahn nicht sicher im Hafen ankommt. Meiner inoffiziellen Statistik gemäß dürfte dann nahezu keine Seereise jemals erfolgreich gewesen sein. Aber zweifellos war es für viele Landratten, die dann oft auch nicht schwimmen konnten, tatsächlich in höchstem Maße gruselig, ein Schiff zu betreten. Und bei der hier gezeigten Seeschlacht von Lepanto (die christlichen Mächte besiegten die Osmanen vor Griechenland) will man wohl auch wirklich nicht dabei gewesen sein.

[Bildquelle: Unbekannter Künstler, Seeschlacht von Lepanto, nach 1571, https://upload.wikimedia.org/…/e0/Battle_of_Lepanto_1571.jpg]

Krieg ist grausam. Immer. Man mag sich den Schrecken der historischen Schlachtfelder gar nicht vorstellen. Kanonen gab es schon sehr früh, aber auch ohne andere Schusswaffen wurde brutal gemetzelt und unerbittlich gekämpft. Umso verwunderlicher ist es, dass in historischen Romanen ein im Kampf kaum erprobter Protagonist, wenn er einem schwer bewaffneten Krieger gegenüber steht, meistens durch List und Tücke irgendwie gewinnt oder sich zumindest so weit verteidigen kann, dass er mit dem Leben davonkommt. David gegen Goliath. Macht immer Spaß, ist aber nicht sehr wahrscheinlich, denn für die Handhabe der historischen Waffen brauchte es viel Übung und Kraft. Wusstet ihr übrigens, dass sich hinter dem hier gezeigten Gemälde von Vasari im Palazzo Vecchio in Florenz wahrscheinlich noch die Reste eines Bildes von Da Vinci verbergen? Frohen Nikolaustag!

[Bildquelle: Giorgio Vasari, Schlacht zwischen Florenz und Pisa am Torre San Vincenzo, ca. 1571, https://upload.wikimedia.org/…/Giorgio_Vasari_-_The_rout_of…]

Der orientalische Harem hat die Fantasie der Westeuropäer schon immer in besonderem Maße angeregt. Wahrscheinlich ist dadurch zu erklären, dass in jedem Roman, der einen Ausflug ins osmanische Reich macht, irgendwann irgendjemand dort landet. In aller Regel wird die Protagonistin oder die Geliebte der männlichen Hauptfigur entführt und in die Gewalt des Sultans gebracht. Ist gelegentlich wohl vorgekommen. Besonders aus den von den Osmanen kontrollierten christlichen Gebieten wurden tatsächlich oft Frauen in den Harem gebracht (ein prominentes Beispiel ist Roxelane, die die Lieblingsfrau des Sultans Suleiman wurde). Ich kenne eine einzige Frau, Cecilia Venier-Baffo, die tatsächlich gebürtige Venezianerin war, als Kind von Piraten entführt wurde und aus dem Harem zur faktischen Machthaberin des osmanischen Reiches aufstieg. Es war aber sicherlich nicht so, dass das jede Frau fürchten musste, die einen Fuß nach Konstantinopel setzte.

[Bildquelle: Stephan Sedlacek, Orientalische Haremsszene, Ende des 19. Jahrhunderts, https://upload.wikimedia.org/…/Stephan_Sedlacek_Orientalisc…]

Oft sind Protagonisten historischer Romane einfache Leute, und ihren Alltag kennenzulernen, macht besonders Spaß. Ein bisschen überraschend scheint mir, dass diese Figuren ganz oft lesen und schreiben können. Bis ins 19. Jahrhundert hinein waren große Teile der Bevölkerung nicht alphabetisiert, das änderte sich erst mit der zunehmenden Einführung des Schulwesens. Dass sich (vor allem) im Mittelalter und der Frühneuzeit jedes Bauernkind selbst das Lesen beibringen konnte oder von irgendwem Unterricht erhielt, ist nicht realistisch. Aber oft ist es eben für die Story wichtig, weil Schriftstücke gerne eine große Rolle in den Romanen spielen. Daraus lernen wir etwas anderes: Wir sind heutzutage so daran gewöhnt, dass Schrift allgegenwärtig ist, dass wir uns kaum mehr vorstellen können, wie das Leben in der Vergangenheit in vielerlei Hinsicht ohne sie funktioniert haben kann!

[Bildquelle: Antonie Volkmar, Mädchen mit Buch, ca. 1880, https://upload.wikimedia.org/…/Gem%C3%A4lde_-_Kind_mit_Buch…]

Dass eine Frau mit ihren doch eher begrenzten Handlungsmöglichkeiten versucht, sich als Mann auszugeben, ist ja auch irgendwie ein naheliegender Gedanke und öffnet die Türen für eine abenteuerliche und verwicklungsreiche Handlung. Aber dass die Maskerade, wie in vielen Romanen, ewig unentdeckt bleibt? Man lebte oft auf engem Raum zusammen, viel Privatsphäre gab es nicht. Deshalb ist dieses Verkleidungsmotiv eines, das ich wirklich nicht gerne lese. (Ich sage jetzt nicht, „Die Päpstin“, aber… denkt mal an „Die Päpstin“.)

[Bildquelle: Jeanne d’Arc auf einem Pferd, Miniatur im Manuskript „Les vies des femmes célèbres“ von Antoine Dufour, 1504, https://upload.wikimedia.org/…/6b/Joan_of_Arc_on_horseback.…]

Da haben wir sie wieder, die Macht der Schrift! Solche Geschichten lese ich total gerne, es ist also kein Klischee, das mich stört. Geheimnisvolle Bücher, verschollene Manuskripte, Wahrheiten, bei denen es um Leben und Tod geht – super spannend! Und auch gar nicht so falsch, denn Büchern wurde bisweilen große Macht zugesprochen, oftmals waren sie für die Menschen viel mehr als bloß die Träger von Texten. Nicht umsonst basiert die christliche Religion maßgeblich auf der Bibel, einer „heiligen Schrift“. Gerade auch, weil Bücher lange Zeit so elitär waren, hatten sie eine große Bedeutung. Und was geschrieben war, war auf sehr besondere Weise manifest. Schließlich faszinieren uralte Schriftstücke uns auch bis heute noch ganz besonders.

[Bildquelle: Carlo Crivelli, Pietà (Ausschnitt), ca. 1493, https://upload.wikimedia.org/…/…/1/1f/Carlo_Crivelli_080.jpg]

Manchmal hat man bei historischen Romanen das Gefühl, dass Kinder quasi gar nicht vorkommen (außer, es geht um die Kindheit der Hauptfigur und düstere Erinnerungen). Und wenn, sind es freche, verdreckte Gören, die alle Erwachsenen vorlaut behandeln, sich prügeln oder mit Steinen schmeißen. Gegen Bezahlung liefern sie aber oft nützliche Informationen oder lassen sich für die Zwecke der Protagonisten einspannen. Sicherlich war eine Kindheit in der Vergangenheit, jedenfalls in Armut, kein Zuckerschlecken – die hatten dann wahrscheinlich aber auch keine Zeit, den ganzen Tag auf der Straße herumzulungern und Unfug zu treiben.

[Bildquelle: August Malmström, Grindslanten, 1885, https://upload.wikimedia.org/…/commons/8/88/Grindslanten.jpg]

Ja, die Histos spielen oft zu Zeiten, da war das medizinische Wissen, verglichen mit heute, noch völlig abstrus. Und ja, gerade die behütet aufgewachsenen Damen wussten oft über Schwangerschaft und Kinderkriegen eher wenig Bescheid. Trotzdem dauert es in vielen Romanen auffällig lange, bis die Protagonistin mal darauf kommt, die richtigen Schlüsse aus ihren „unerklärlichen“ Symptomen zu ziehen. Als Leser ist man meistens deutlich weniger überrascht…

(Bildquelle: Marcus Gheeraerts der Jüngere, Portrait einer Dame in Rot, 1620, https://upload.wikimedia.org/…/Gheeraerts_Woman_in_Red_1620…]

Ja, Verhütung funktionierte nur unzuverlässig, und ja, Schwangerschaften und Geburten brachten vor den Zeiten moderner Medizin große Gefahren und eine hohe Sterblichkeitsrate mit sich. Doch scheint es in historischen Romanen die Regel zu sein, dass Protagonistinnen ausschließlich dann schwanger werden, wenn es ihnen gerade absolut nicht in den Kram passt (etwa, weil sie sich gerade als Mann ausgeben, siehe Türchen 9 😉 ). Und andernfalls ist damit zu rechnen, dass es zu anderen Komplikationen und Zwischenfällen kommt. Wir lernen daraus: Schwangerschaften sind ein adäquates dramaturgisches Mittel!

[Bildquelle: Noel Hallé, Une Savoyarde, 1757, https://upload.wikimedia.org/…/Noël_Hallé_Une_Sayovarde_175…]

Die Kirche als Institution hat die ganze Geschichte hindurch eine Menge Mist geleistet, und aus den Quellen wissen wir, dass es viele Geistliche mit ihren Pflichten nicht so genau nahmen. Die Unzufriedenheit darüber begünstigte schließlich auch die Reformation. In Romanen gibt es teilweise beide Extreme, den guten, fürsorglichen Hirten ebenso wie den moralisch verkommenen Bösewicht im geistlichen Gewand. Die zweite Kategorie scheint mir aber vorzuherrschen, die Figuren der Geistlichen sind oft keine besonders liebenswerten Zeitgenossen und nutzen ihre Macht schamlos aus. Das hat es wie gesagt definitiv zuhauf gegeben – allerdings gab es, gerade auf dem Land und im Kleinen, sicherlich ebenso oft Dorfpfarrer und Mönche, die die Werte der Nächstenliebe schätzten, Gutes bewirkten und sich für die Schwachen einsetzten.

[Bildquelle: Claudio Rinaldi, Vier Mönche, um 1900,
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/96/Claudio_Rinaldi_-_Four_Monks.jpg]

Das kennt man doch aus fast jedem Histo, oder? Die Protagonistin wird einem absoluten Ekelpaket zur Frau gegeben und muss den erst loswerden, bevor sie den Mann ihrer Träume heiraten kann. Und in der Tat ist das Ideal einer Heirat aus Liebe ein relativ modernes. Natürlich gab es sie schon immer, sie bildeten aber die Ausnahme. Die meisten Ehen wurden von den Familien arrangiert (aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen), in den niedrigeren Schichten wählte man seinen Partner oft nach der Vernunft, also um versorgt zu sein. Es ist also völlig korrekt, dass romantische Zuneigung eine untergeordnete Rolle spielte und man allenfalls hoffte, die würde sich schon einstellen, wenn die Eheleute sich aneinander gewöhnten. Dementsprechend viele Überlieferungen über sehr unglückliche Ehen sind bekannt. Das betraf übrigens nicht nur die Frauen – zwar hatten die Männer tendenziell mehr mitzureden (und vor allem mehr Freiheiten, sich anderswo zu entschädigen), aber oft genug wurden auch sie in eine Verbindung gezwungen, die sie sich nicht ausgesucht hätten. Glücklicherweise kennen wir auch Fälle, in denen sich die Eheleute sehr zugetan waren, manchmal entwickelte sich auch aus einer arrangierten Heirat eine echte, respektvolle Liebesbeziehung.

[Bildquelle: Jacopo da Empoli, Hochzeit von Maria de Medici und Heinrich IV. von Frankreich, 1600, https://upload.wikimedia.org/…/Marie_de_Medici%27s_marriage…]

Na klar – wie sonst auch soll es, sofern sich die Protagonistin tugendhaft und gemäß der gesellschaftlichen Erwartungen verhält, zu delikaten Begegnungen kommen! Entweder wird die Dame beim Baden gestört, oder in ihrem Gemach, kurz nach dem Aufstehen, jedenfalls handelt es sich meistens um Schlüsselmomente für die Beziehung der Figuren. Das ist übrigens nicht weiter verwunderlich. Nicht jede Epoche war gleich prüde, etwa im Rokoko ging es kleidungstechnisch durchaus etwas frivoler zu, aber tatsächlich galt es oft schon als hocherotisch, wenn man nur den entblößten Knöchel einer Frau sehen konnte (jedenfalls, wenn es eine ehrbare Frau war)!

[Bildquelle: Guillaume Dubufe, Diana beim Verlassen des Bades, 1893, https://upload.wikimedia.org/…/44/Guillaume_Dubufe_Diane.jpg]

Mal ehrlich, die dralle Wirtin, die auf Nachfrage noch andere Dienste anbietet, taucht in historischen Romanen so sicher auf wie der kriminelle Fuhrmann, das freche Kind und der korrupte Priester. Sie kann sich mit ihrer Reise resoluten Art meistens gegen zudringliche Grobiane zur Wehr setzen, aber auch unbedarfte Gäste über den Tisch ziehen. Also, liebe Protagonisten: Nicht mit der Wirtsfrau verscherzen! Ich halte es übrigens für relativ wahrscheinlich, dass man in der echten Vergangenheit mit einem relativ dicken Fell einfacher durchs Leben kam, vielleicht ist dieses Bild also gar nicht so falsch.

[Bildquelle: Jan Steen, Der aufdringliche Gast, 1665, https://upload.wikimedia.org/…/1665_Steen_Der_aufdringliche…]

Ein Hindernis, das jeder Protagonist historischer Romane kennt: Er muss an irgendwelchen Wächtern und Soldaten vorbeikommen. Die Lösung? Ausschalten, mit betäubenden Substanzen und ein bisschen Alkohol. (Bestechung ist auch manchmal eine Option, funktioniert aber nicht immer.) Daraus lernen wir, dass Wachsoldaten immer ziemliche Einfaltspinsel sind, die auf die immer gleichen Tricks hereinfallen. Ein Glück, sonst hätten viele Abenteuer gar keinen Erfolg!

[Bildquelle: Rembrandt, Die Nachtwache, 1642, https://upload.wikimedia.org/…/The_Nightwatch_by_Rembrandt_…]

In fast jedem Histo gibt es den bösartigen Ehemann (kennen wir aus Türchen 15), und oftmals segnet der (zur Freude der Leserschaft) irgendwann das Zeitliche. Sämtliche Nachbarn und Mitmenschen ergehen sich dann in Mitleid und Bedauern für die arme junge Witwe. Dabei wissen die doch in aller Regel, wie es um die Ehe gestanden hatte. Auch in Wirklichkeit wurde natürlich in aller Regel angemessen getrauert, und ebenso ritualisiert waren die Beileidsbekundungen. Echte Empfindungen spielten wie so oft eine untergeordnete Rolle. Und zu bedauern waren die Witwen oft tatsächlich – wenn sie nicht den höchsten Gesellschaftsschichten angehörten und ein komfortables Vermögen hatten, verschlechterte sich ihr sozialer Status sehr, und sofern sie nicht wieder heirateten, blieb insbesondere den kinderlosen Witwen nur das Kloster, um den Erwartungen an ihre Tugend zu entsprechen.

[Bildquelle: Bernardino Licinio, Frau mit dem Portrait ihres Ehemannes, 16. Jahrhundert, https://upload.wikimedia.org/…/45/Bernardino_Licinio_006.jpg]

Ein ähnlicher Zufall wie das mit den Schwangerschaften – die Missernte schlägt immer gerade dann ein, wenn sich die Romanhandlung zuspitzt! Allerdings gibt es durchaus Hinweise darauf, dass Klimaschwankungen und Wetterkapriolen sich auf die Landwirtschaft auswirkten und natürlich die Ernte beeinflussen konnten. Und in Zeiten größerer Not wiederum nahmen auch die gesellschaftlichen und politischen Spannungen zu.

[Bildquelle: Georg Emanuel Opiz, Der Völler, 1804, https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/76/Georg_Emanuel_Opiz_Der_V%C3%B6ller_1804.jpg]

Ein weiteres ungeschriebenes Gesetz. Ob die Banditen und Wegelagerer sich wirklich an jede Art von Tross herangetraut hätten? Tatsächlich war es weitaus sicherer, mit einer Eskorte oder in einer größeren Gruppe zu reisen, um sich besser verteidigen zu können. Natürlich konnte man immer in einen Hinterhalt geraten, aber die Häufung in historischen Romanen ist definitiv auffällig.

[Bildquelle: John Charles Maggs, Royal Coach – Bath to Exeter Stage – Manchester to London Coach, 1872, https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e5/John_Charles_Maggs_-_Royal_Coach%3B_Bath_to_Exeter_Stage%3B_Manchester_to_London_Coach.jpg]

Schon Machiavelli diskutierte 1513 die Frage, ob ein erfolgreicher Fürst besser geliebt oder gefürchtet werden sollte. Im rechten Moment milde zu erscheinen, bei wichtigen Dingen aber Stärke zu beweisen, war eine von ihm empfohlene Herrscherstrategie. Klingt ja auch einleuchtend, oder? Insofern ist es gar nicht unrealistisch, dass in vielen historischen Romanen Gnade vor Recht ergeht und die Könige oder Kaiser nicht ganz so tyrannisch daherkommen, wie die Protagonisten vorher gedacht hatten. Trotzdem ein Klischee, das es den Abenteurern manchmal etwas zu einfach macht – wohl kaum ein Herrscher ließ sich von irgendwelchen Fremden einfach kurz bequatschen und tanzte dann nach ihrer Pfeife. Der hier im Bild gezeigte berühmte „Gang nach Canossa“ war übrigens auch so eine symbolträchtige Herrscherinszenierung…

[Bildquelle: Holzstich des Gangs nach Canossa im Buch Actes and Monuments von John Foxe, 1570, https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/0a/Images_from_the_John_Foxe%22s_Acts_and_Monuments_%28the_%22Book_of_Martyrs%22%29%2C_Ninth_Edition_%281684%29.jpg]

Das ist ähnlich wie mit den Ehemännern! In Variante 1 kommt der Protagonist aus einem liebenden Elternhaus, was aber meistens nicht lange währt, und das tragische Schicksal, das die Familie ereilt, wird zum weiteren Antrieb der Handlung. In Variante 2 ist es umgekehrt und der Protagonist muss vor den tyrannischen Eltern (oder mindestens dem Vater) fliehen, will es diesen heimzahlen oder hat sonst einen Grund, eine ganz andere Richtung einzuschlagen.

[Bildquelle: Carl Schweninger der Jüngere: Mutterglück, um 1890, https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/57/Carl_Schweninger_Muttergl%C3%BCck.jpg]

Wie praktisch! Man sollte ja meinen, dass Schwerter und Säbel aus Metall relativ stabil gewesen sein müssen. Nun kenne ich mich da nicht besonders aus, aber es ist doch ein seltsamer Zufall, dass in den Kämpfen, in denen meistens der eher unterlegene Protagonist involviert ist, irgendwann das Material des Gegners nachgibt. Und zwar immer in dem Moment, in dem es gerade besonders zur Sache geht und die Auseinandersetzung ihren Höhepunkt erreicht. Apropos Höhepunkt – das gilt auch für den Adventskalender, die 24 Tage sind wie im Flug vergangen!

[Bildquelle: Solothurner Fechtbuch, entstanden zwischen 1506 und 1525, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:S_554_020.tif]

Frohe Weihnachten 2018!
Das war er, der erste Adventskalender von Geschichte in Geschichten! Manch ein Klischee erscheint mir zu abgekaut, andere habe ich fast schon liebgewonnen – der Freude, die ich an historischen Romanen habe, tut das alles meistens keinen Abbruch. Und wahrscheinlich könnte man ähnliche Dinge auch für jedes andere Genre finden. Ich hatte großen Spaß an dem Adventskalender, vielen Dank an alle, die dabei waren, ihn verfolgt oder kommentiert haben! Ich hoffe, ihr habt schöne und friedliche Weihnachtstage mit gutem Essen und vielen Büchern. Bis bald!
[Bildquelle: Autograph des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach, erste Seite, 1734, https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/85/BWV_248_Autograph.jpg]

Ein Gedanke zu „Adventskalender 2018

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